Bestand. 2020
Aktuelle Probleme und Entwicklungen

LTE-Abdeckung
Bereits heute ist im gesamten Stadtgebiet Erfurts eine 100-prozentige LTE-Abdeckung im Mobilfunknetz gegeben. Deutschlandweit sind im Durchschnitt nur 75% der Fläche mit LTE abgedeckt. Doch die LTE-Technologie, welche vergleichsweise langsame Geschwindigkeiten von 100 Mbit/s ermöglicht, gehört bald der Vergangenheit an.
Durch den neuen Mobilfunk-Standard 5G werden deutlich schnellere Geschwindigkeiten bis zu 20 Gbit/s möglich. Bereits 2019 wurden die nötigen Lizenzen der neuen Mobilfunk-Generation an die Mobilfunk-Anbietenden versteigert. Bei der Telekom steht Erfurt beispielsweise auf Platz 38 der Liste für den Aufbau eines 5G-Netzes. Die Etablierung soll zwischen den Jahren 2020 und 2025 erfolgen.


Breitbandausbau
Der Breitband-Ausbau, also der leitungsgebundene Anschluss der Haushalte an das Internet, weist in Deutschland große Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen auf. So erreichen 84% der Haushalte in städtischen Regionen eine moderate Geschwindigkeit von 200 Mbit/s, wohingegen nur 24% der Haushalte der ländlichen Regionen Deutschlands diese Geschwindigkeiten erreichen. Positiv ist anzumerken, dass bereits in 62% der Haushalte Erfurts eine Versorgung mit schnellen 1 Gbit/s Bandbreite möglich ist. Damit erzielen über die Hälfte der Haushalte die Ziel-Anforderung der Bundesregierung, dass jedem Haushalt in Deutschland bis 2025 eine Geschwindigkeit von mindestens 1 Gbit/s zugänglich ist.
Dennoch existiert in Erfurt großer Nachholbedarf im Bereich der Internetleitungen. Unterhalb der Erfurter Straßen liegen zum Großteil noch veraltete Kupferkabel, um die Internetanbindung der Bevölkerung sicherzustellen. Dabei werden diese alten Kabel mittels VDSL-Vectoring bis an die maximalen Geschwindigkeiten ausgelastet. Es ist daher dringend erforderlich den Glasfaserausbau der Stadt voranzutreiben und die Glasfaserkabel bis in jedes Gebäude bzw. in jede Wohnung zu verlegen. Nur so lassen sich zukunftsweisende und sehr schnelle Geschwindigkeiten von bis 10 Gbit/s erzielen.


Mobilität
Erfurt hat ein Verkehrsproblem: die Anzahl an Autos, deren Platzbedarf und zusätzlich der Platzbedarf für Parkplätze sind immens. Dass dies kein Erfurt-spezifisches Problem ist, spiegelt sich auch in den Zahlen der bundesweiten Neuzulassungen von PKW wider: diese hatten 2019 einen Anstieg von 5 % gegenüber dem Vorjahr. Das bedeutet insgesamt ca. 3,6 Millionen Neuzulassungen 2019 laut Kraftfahrtbundesamt.
Eine mögliche Alternative zum Besitz eines eigenen Autos ist das Car Sharing. Auch hier ist eine Zunahme der registrierten Nutzer*innen zu verzeichnen, von 2018 bis 2019 stieg die Zahl um 12%. Im Vergleich zu 2015 ist sogar eine Verdopplung der Registrierungen zu verzeichnen.
Zurück zu Erfurt und einem weiteren Problem, der Überlastung des ÖPNV. Schon aktuell ist der Nahverkehr an seiner Belastungsgrenze, bei einzelnen Großevents wie dem Weihnachtsmarkt sogar deutlich überlastet. Die städtebaulichen Rahmenbedingungen lassen keine wirkliche Erhöhung der Taktung zu und auch anderweitig ist es schwer, neue Kapazitäten zu finden oder zu schaffen.

Bildung
Bildungseinrichtungen sind oft mangelhaft ausgestattet – egal ob Schulen, Hochschulen oder Universitäten. So gibt es moderne Technologien wie Beamer, Active-Boards und Computer meist nur in ausgewählten Fachräumen und selbst bei Vorhandensein der Technik ist noch lange nicht garantiert, dass die Lehrpersonen auch damit umzugehen wissen und die Möglichkeiten bestmöglich ausreizen. Auch im Unterricht selbst ist Digitalisierung kein wirklich großes Thema. Schulbücher werden gedruckt gekauft oder ausgeliehen, herumgetragen und Notizen und Mitschriften erfolgen handschriftlich.
Auch abseits des Unterrichts ist Digitalisierung ein schwieriges Thema. Stunden- oder Vertretungspläne werden immer noch ausgedruckt verteilt oder hängen in den Schulen aus, die Kommunikation mit Lehrenden erfolgt maximal per Email, die der Schüler*innen untereinander häufig über Whatsapp. Eine zentrale Lern- und Austauschplattform könnte hier auch aus Datenschutzgründen eine wertvolle Alternative sein.
Die Defizite hat auch die Bundesregierung erkannt und daher 2019 den Digitalpakt für Deutschland auf den Weg gebracht. Mit einem Budget von etwa 5 Milliarden Euro soll bis 2024 die Digitalisierung an Schulen voran getrieben werden.

Arbeit
Der Arbeitsalltag geht oft völlig an der Realität und den Wünschen der Arbeitnehmer*innen vorbei. So ist verstärkt der Wunsch nach Home-Office zu beobachten, hierfür existieren aber keine verbindlichen gesetzlichen Regelungen, sodass jedes Unternehmen anders mit dem Thema umgeht. Dabei sind gerade in jetzt schon stark digitalisierten Berufen viele Vorteile vom verteilten Arbeiten, dem Arbeiten von Zuhause oder in Co-Working-Spaces zu erwarten. Zum Vergleich: In der Niederlande gibt es seit 2016 ein gesetzlich verankertes Recht auf Homeoffice nach schriftlicher Beantragung
Durch die Errungenschaften der letzten Jahr stieg die Produktivität der Arbeitnehmer*innen stark an – eine 40h-Woche ist nicht nur vor diesem Hintergrund langfristig nicht mehr zeitgemäß. Mit kürzeren Arbeitszeiten bliebe den Beschäftigten mehr Zeit, sich beispielsweise ehrenamtlich zu engagieren. Auch wurde in Untersuchungen bereits nachgewiesen, dass kürzere Arbeitstage keine Minderung der Bewältigung von Arbeitsaufgaben nach sich ziehen, da die Beschäftigten kontinuierlich produktiver arbeiten, als dies bei einem 8h-Tag der Fall ist. In manchen Ländern wie beispielsweise Finnland fanden schon erste, positiv verlaufene, Versuche mit kürzeren Arbeitswochen statt.
Es ist außerdem davon auszugehen, dass aufgrund der zunehmenden Digitalisierung manche Jobs nicht mehr benötigt werden. Eine Debatte über ein Grundeinkommen erscheint vor diesem Hintergrund sehr sinnvoll.

Freizeit
Freizeit stellt einen wichtigen Bereich gesellschaftlicher Teilhabe dar, welche für alle Gruppen einer Gesellschaft vereinfacht zugänglich gemacht werden muss. Aktuell ist Freizeit überwiegend durch diverse Mediennutzungen geprägt. Ständige Erreichbarkeit wird teilweise als Stressfaktor wahrgenommen, weshalb ebenfalls häufig körperlich aktiven Freizeitbeschäftigungen nachgegangen wird. Trotz Digitalisierung wird der persönliche Kontakt innerhalb der Bevölkerung weiterhin als unverzichtbar und essentiell angesehen.
Um diesem Bedürfnis nachzugehen, haben sich bereits bisher diverse Nachbarschaftsplattformen etabliert. Jene sollen als Bindeglied zwischen der digitalen und realen Welt dienen und Menschen einer Nachbarschaft miteinander vernetzen. Neben Nachbarschaftsplattformen können Video Games, Location based Games und Augmented Reality ebenfalls eine Verbindung erzeugen und lassen ein interaktives wahrnehmen der Umgebung zu.

Verwaltung
Digitalisierung ist im Verwaltungsalltag kaum vorhanden. Anträge müssen in Papierform eingereicht werden, die Kommunikation mit Sachbearbeiter*innen erfolgt am besten telefonisch oder vor-Ort und für eine Vielzahl von Handlungen muss man persönlich erscheinen – nur um am Ende ein Dokument zu unterschreiben. Im europäischen Vergleich ist Deutschland hier noch ziemlich rückschrittlich. Manche Kommunen und Bundesländer versuchen zwar, Abläufe zu digitalisieren und so beispielsweise das Stellen von Anträgen über ihre Website zu ermöglichen, bundesweit einheitliche Standards hierfür gibt es jedoch nicht.
Auch die Partizipationsmöglichkeiten sind vielerorts nicht wirklich digital. Bürger*innenbeteiligungen würden dabei von einer stärkeren Kopplung von digitalen mit analogen Tools besonders profitieren – eine höhere Transparenz der Prozesse und die Beteiligung von Personen, die beispielsweise aus zeitlichen oder körperlichen Gründen nicht in der Lage sind, vor Ort teilzunehmen, wären möglich.

Wohnen & Umwelt
Städte in Deutschland sind unterschiedlichen Entwicklungen ausgesetzt. Während in strukturschwachen Städten die Bevölkerungszahl stagniert oder sinkt, weisen Universitätsstädte und Großstädte seit 2009 ein Wachstum um 10 % und höher auf. Aufgrund der hohen Bevölkerungszuwächse in Ballungsräumen ist der Wohnungsmarkt deshalb angespannt. Auch Erfurt hat aufgrund der zentralen Lage in Deutschland sowie als Universitäts-und Fachhochschulstandort eine positive Bevölkerungsentwicklung zu verzeichnen, was ebenfalls zu steigenden Mietpreisen führt. Insbesondere für kleinere Haushalte wie von Alleinerziehenden, Studierenden, Auszubildenden und Senior*innen ist die Bezahlbarkeit von Wohnraum ein Problem.
Die Nutzung digitaler Medien und Technologien im Bereich Wohnen steht noch in der Anfangsphase – trotz ihres großen Potentials. Aktuell nutzen durchschnittlich 16 % der Haushalte in Deutschland SmartHome Technologien und etwa 13 % der Haushalte sind im Bereich des smarten Energie-Managements aktiv. Auf dem Markt gibt es aktuell noch keine umfassenden Smart-Home-Lösungen, die eine intelligente Ausstattung und Vernetzung des gesamten Wohnraums beinhalten.

Gesundheit
Die Vernetzung und der Austausch zwischen Krankenhäusern und Ärzten ist mangelhaft. Bei Arztwechsel ist es umständlich, die eigene Krankenakte mitzunehmen und die Übergabe von Dokumenten zwischen Fachärzten klappt nicht immer.
Zusätzlich ist der Zugang zu ärztlicher Versorgung auf dem Land schlecht und es wird eine zunehmende Verschlechterung prognostiziert.
Assistenzsysteme sind nicht erschwinglich und werden von den Krankenkassen häufig nicht übernommen. Beispielsweise kostet ein Exoskellet bei Querschnittslähmung 70.000€.